Sascha Lobo schreibt regelmäßig für Spiegel Online seine Kolumne. In der aktuellen geht es, wie es meine Überschrift schon vermuten lässt, um Kinderfotos. Lobos Text ist überschrieben mit „Eltern und soziale Medien – Kinderfotos dürfen ins Internet“.
Und damit liegt Sascha Lobo prinzipiell wohl richtig. Man darf Fotos der eigenen Kinder ins Netz stellen. Ich mache es trotzdem nicht – seit inzwischen knapp 14 Jahren.
Mein Text soll gar nicht gegen den Beitrag von Sascha Lobo sprechen. Ich möchte einfach nur ein paar Aspekte addieren, die mir in seiner Kolumne gefehlt haben.
Ich schicke nicht mal Bilder unserer Kids via Messenger-Dienste wie WhatsApp an Familienmitglieder. In der Kita unserer Söhne hatten wir deshalb Stress, weil wir nicht wollten, dass Fotos unserer Kids gemacht wurden und schon gar nicht sollten sie per Cloud-Dienste gespeichert und verteilt werden. Lobo beschreibt in seinem Text ganz gut, wie andere Eltern verschiedenste Herangehensweisen kritisieren – wir haben erlebt, wie unsachlich dann die Gespräche werden können.
Woher kommt aber meine Motivation zum beinahe rigorosen digitalen Abschotten unserer Kinder in Bezug auf Fotos, Videos und Infos? Ich nannte es mal den MySpace-Effekt. Denn es gibt eine ganz banale Frage: Wissen wir eigentlich, wem heute unsere Bilder, Videos und Texte gehören, die wir damals auf MySpace veröffentlicht haben? Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, was damit inzwischen passiert.
Wenn wir also Daten unserer Kinder ins Netz laden, dann werden diese auf Servern gespeichert, die eines Tages womöglich nicht mehr der Firma gehören, die bspw. das soziale Netzwerk zu dem Zeitpunkt betrieben hat, dem wir die Bilder oder Videos zur Verfügung gestellt haben.
Ich finde den Aspekt wichtig, weil ich meine Vaterrolle eher als Coach denn als Besitzer unserer Kinder verstehe. Ich habe zwar die rechtlich volle Verantwortung bis zum 14. Lebensjahr, doch bereits ab dem 14. Lebensjahr wird ein Kind (nach meinem recht dünnen juristischen Wissen) immer mehr selbst verantwortlich für die eigenen Belange. Ich bin also qua der Situation, dass ich an der Zeugung unserer Kids beteiligt war, für sie mitverantwortlich. Aber ich besitze sie nicht. Und damit habe ich die Aufgabe, sie möglichst unbeschadet und gut gebildet bis zu dem Zeitpunkt zu unterstützen, an dem sie selbst in der Lage und darüber hinaus auch explizit berechtigt sind, entsprechende eigene Entscheidungen zu fällen.
Wenn ich also so strickt gegen das Veröffentlichen von Fotos unser Kids bin, dann möchte ich nur, dass sie eines Tages selbst entscheiden können, was von ihnen im Netz zu finden sein soll. Darüber hinaus haben für mich auch Kinder ein Recht am eigenen Bild, das sollen sie aus meiner Perspektive auch komplett selbst wahrnehmen können. So wie ich es für mich entscheiden kann, was von mir im Netz landen soll, so sollten es unsere Kinder auch selbst entscheiden können.
Gleichzeitig habe ich damit auch meinen Teil dafür getan, dass die immer intelligenter werdenden Maschinen nicht mit dem Datenmaterial unserer Kinder gefüttert werden. Denn machen wir uns nichts vor: Scoring ist weltweit ein immer wichtiger werdender Geschäftsbereich. Dafür braucht es Daten, die Algorithmen dabei unterstützen, Wahrscheinlichkeiten zu errechnen. Wir kennen das bereits von Versicherungen und der Kreditvergabe. Zukünftig werden wir das sicherlich in noch viel mehr Wirtschaftszweigen erleben, auch wenn es schon jetzt sicherlich mehr gibt, als die zwei von mir genannten.
Sascha Lobo spricht auch davon, dass Kinder sichtbar werden sollten, um einen entsprechenden gesellschaftlichen Einfluss geltend machen zu können. Kann ich nachvollziehen, habe ich auch keine bessere Antwort darauf. Es würde mich interessieren, ob es da draußen im Netz Menschen gibt, die womöglich dazu stichhaltige Informationen und Argumente haben.
Wenn unsere Kinder später Kinderfotos von sich hochladen oder vielleicht noch viel später auch von ihren eigenen Kindern, dann ist das ihr Vergnügen und schlimmstenfalls auch ihr Problem. Dazu kann ich dann eine Meinung haben, muss sie jedoch nicht immer öffentlich machen.
ps: Ursprünglich wollte ich nur ein Reply per Twitter in Threadform dazu schreiben. Ich habe mich dann doch dagegen entschieden, denn so ein guter alter Blog kann ja auch mal wieder dafür genutzt werden, einen Diskurs etwas entspannter und mit mehr Argumentation zu führen. Sollte hier also jemand weiteren Input liefern wollen und können, dann gern per eigenem Beitrag auf der eigenen Seite mit Hinweis an mich, ich verlinke es dann gern. Oder gern auch per Tweets auf Twitter – da dokumentiere ich dann den Thread hier per Link.