Da! Da sind sie! Diese beiden Typen, die sich jetzt endlich gezeigt haben! Diese beiden Typen, die in den vergangenen Monaten den MedienmacherInnen Deutschlands gezeigt haben, wie man mit billigem Content die Aufmerksamkeitsspirale ins Maximale treiben kann. Unglaublich! Es sind Businesstypen! Und die sitzen auch noch im t-i-e-f-s-t-e-n Osten! Und sie verstoßen gegen Urheberrechte! ORRRR!
Ja, so schallt es gerade durch das digitale Dorf namens Internet. Die MedienjournalistInnen hatten sich in den letzten Wochen teils in Ekstase geschrieben, wer denn hinter dem Facebook-Web-Phänomen heftig.co stecken könnte. Wer wohl so dreist sein könnte, in Sachen Facebook-Likes die großen Onlinemedien wie bild.de und spiegel.de anzugreifen. Und gugge da, es sind zwei BWLer. DAS sorgt dann natürlich für Empörung im Journalistenlager! Und natürlich auch für die besten Klischees. Diese BWLer wieder! War ja klar! Das, was die da machen war und ist ja kein Journalismus und deshalb müssen das ja BWLer sein. Und Content klauen sie auch noch!
Endlich haben die SchöngeisterInnen wieder etwas zu granteln. Über Kaufleute UND das pöse Internetz. Da gibt es also Typen, die einfach Onlinemedien machen und dann auch noch erfolgreich sind. Dabei dürften die ja eigentlich gar nichts verstehen, vom Medienmachen. Das können doch nur JournalistInnen. Und auch nur, wenn es JournalistInnen machen, hat das Nivea!
Doch meine lieben MedienfreundInnen, wer sagt denn, dass man nur gehaltvolle, hochwertige Medien machen will? Vielleicht hat man ja an trashigen Bilderstrecken mit abgedroschenen Headlines auch einfach Spaß? So wie die Menschen, die offenbar zu Hundertausenden diese kurzweiligen Netzhäppchen auf den buzzfeed-Klonen dieser Welt konsumieren. So viel Spaß vielleicht, wie ihn die JournalistInnen bei fast allen größeren Onlinegazetten haben, wenn sie ihre erfolgreichen Fotogalerien (beim Hamburger Onlineableger eines großen Wochenmagazins auch liebevoll „Klickhuren“ genannt) bauen, um die Klicks in die Höhe zu treiben. Aber hey, stimmt ja! Das ist dann ja vorbildlich journalistische Arbeit. Und natürlich gibt es da keine Urheberrechtsverletzungen. Nein, nie!!!
Spaß geh mal weg. Komm, ab in die Ecke! Tatsächlich scheinen die Macher hinter heftig.co eine kleine Truppe zu sein, die wissen, was sie da machen. Sie klonen ein Prinzip. Meinetwegen haben sie buzzfeed.com dafür als Vorlage, eventuell auch die Kopiermentalität der damit sehr erfolgreichen Samwer-Brüder. Vielleicht haben sie auch einfach nur losgelegt, weil sie sehen wollten, ob ihr Experiment glücken kann. Alle drei unbestätigten Gründe sind allemal legitim, um so eine Webseite zu starten und dafür Engagement zu zeigen. Es ist auch legitim, wenn sich jetzt die Leute an die beiden Herren wenden, die ihre Urheberrechte verletzt sahen bzw. sehen. Darum werden sich die Potsdamer nun kümmern müssen, so wie die Rechtsabteilungen in den großen Verlagen auch, wenn ihre ach so sauber recherchierenden RedakteurInnen wieder mal verrissen und sich gerne mal Bild- und Textmaterial von Blogs geklaut haben. Oder wenn sich die ach so seriösen RedakteurInnen mal wieder einen Teufel um die Persönlichkeitsrechte von mehr oder weniger prominenten Menschlein gekümmert haben?!
Letztendlich haben die heftig-Leute uns Medienmenschen eine Sache bewiesen: Es geht! Man kann mit Contentschleudern relativ schnell Reichweite aufbauen. Man kann so ein Portal schnell aufsetzen, aufblasen und viel Aufmerksamkeit erzeugen. Ob man damit nachhaltiges Geschäft generieren und eine solide Userschaft aufbauen kann, diesen Beweis sind sie sich selbst und uns noch schuldig. Denn das wird man erst über einen langen Zeitraum erkennen können.
Am Ende ist die Aufregung um hefitg.co mal wieder ein Klassiker, denn er wiederholt sich alle paar Jahre oder Jahrzehnte wieder. Erinnert sich die Eine oder der Andere unter euch noch an die Achtziger und den aufstrebenden HipHop? Damals und auch heute noch wird in dieser Branche mit dem Kopieren und Mixen von Inhalten anderer MusikerInnen (Sampling) immer wieder Neues geschaffen. Immer einher gehend mit Urheberrechtsverletzungen und Gerichtsprozessen. Das Publikum applaudiert für jeden neuen, gut gemachten Track und die Kaufleute – die BWLer im Hintergrund – treffen sich vor Gericht und streiten um die Details.
Genau so wird es wohl bei heftig.co laufen. Entweder sie schaffen es, den normalen rechtlichen Anforderungen des Medienalltags gerecht zu werden oder sie versumpfen in Abmahnungen, Klagen und Prozessen. Die Entstehungsgeschichte ist in jedem Fall wieder mal imposant und reicht mindestens als Stoff für einen Sat.1-Eventmovie von Nico Hofmann. Super Plott-Vorschlag: Eine Frau muss sich zwischen zwei Männern entscheiden. Bisher noch nie da gewesen. Ehrlich!
Von mir aus sollen die Potsdamer es doch probieren. Wenn es mir nicht gefällt, dann kann ich das Ganze doch ignorieren, so wie die HuffPo auch. Nur eines muss ich nicht machen – ich muss mich nicht künstlich aufplustern. Denn wer reinen Gewissens ist, der werfe den ersten Stein – oder so ähnlich …
PS: Mega-lustig, wie Dieter Bohlen sagen würde, ist ja die Tatsache, dass in heftig.co auch noch das Wort für ein Printprodukt steckt, nämlich „Heft“. Ganz großes Kino!!! Und jetzt bitte Verschwörungstheorien! Bitte, bitte, bitte!!!