Kunst und Politik dalla Strada

* Jesus kommt bald – bereitet schonmal die Nägel vor

 

Frisch aus Italien importierte urbane Straßenkunst. Vor zwei Wochen feierte Italien den 150. Geburtstag. Kaum eine Schaufensterscheibe oder ein Balkon ohne Tricolore in Grün-Weiß-Rot, dazu Feste und freier Eintritt in Museen. Inmitten der kleinen Gassen, großen Plätze und Prachtbauten fühlt man sich da so richtig feierlich. Im Fernsehen blubbern weiterhin surreal komische Shows und knapp bekleidete Frauen um die Wette. Das neue Buch vom Papst tummelt sich wie in Deutschland auf dem obersten Platz in den aktuellen Bestsellerlisten der Sachbücher. Der Ministerpräsident wirbt in einem Videospot dafür, doch mal wieder Italien neu zu entdecken.

Und dann gibt es noch Kunst und Politik von der italienischen Straße.

Auf die Straße gehen Menschen in Italien gegen Atomkraft und die Privatisierung von Trinkwasser. Kommt einem irgendwie bekannt vor. Im Juni ist dazu eine Volksabstimmung angesetzt. Eigentlich war Italien nach dem Tschernobyl-Gau bereits 1990 aus der Atomkraft ausgestiegen, doch vor wenigen Jahren wurde der Neubau von Atomkraftwerken beschlossen. Spätestens angesichts der Vorfälle in Japan passt das vielen italienischen Bürgern so gar nicht.

Jeden Abend gibt es Meldungen über neu angekommene Boote aus Nordafrika. Die italienische Insel Lampedusa platzt vor lauter Flüchtlingen bereits aus allen Nähten, die EU dreht Däumchen.

Heute hat der italienische Ministerpräsident versprochen, die Insel Lampedusa innerhalb von 60 Stunden per Schiff von ihren tausenden illegalen Einwanderern zu befreien. Obendrauf schlägt er noch den Friedensnobelpreis und ein paar Golfplätze für die Inseleinwohner vor. Derselbe italienische Ministerpräsident trudelt seit einiger Zeit montags wegen Korruptionsvorwürfen relativ regelmäßig vor Gericht ein. Ab nächste Woche kommt noch ein Prozeß wegen Amtsmißbrauch und Prostitutionsvorwürfen hinzu. Vielleicht ist Berlusconi wirklich der „meistverfolgte Mann des Universums“, wie er sich bei seinem ersten, perfekt inszeniertem Gerichtsauftritt bezeichnete? Die Zeitung La Repubblica betitelte den Auftritt heute in Lampedusa treffend „Die Berlusconi Show“.

Wie gut, dass ebenfalls heute im italienischen Parlament die Reihenfolge der zu besprechenden Themen geändert wurde. Das Gesetz für schnellere  Gerichtsprozesse und kürzere Verjährungsfristen ist ganz plötzlich ganz oben auf die Agenda gerutscht. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Dementsprechend schallte es heute morgen aus den oppositionellen Reihen der Parlamentsabgeordneten in Sprechchören „Vergogna, Vergogna!“ – Schande,  Schande!

Die Kunst der Straße war schneller.