#urbansculpture – Ich habe meine Nische als Kunstkritiker gefunden

Sie erinnern sich alle an die Hackfleischbesprechungen von Frau dasnuf. Ich bin ja nicht so der Hackfleischexperte, wenn es um die Interpretation geht. ABER ich interessiere mich für Kunst, und dabei auch sehr gern für Streetart. Nun gibt es recht viel Streetart in Berlin. Deshalb muss man sich schon seine Lücke suchen, will man es zu wahrem Kritikerruhm bringen. Die Nische muss nur klein und absurd genug sein, dann klappt das schon. 

Ich wähle daher innerhalb der Streetart die Nische der spontanen und urbanen Skulptur. Gleichzeitig kürze ich zukünftig den Fachbegriff „Urbane Sklutpur“ mit dem zeitgemäßen Hashtag #urbanscultpure ab. Das unterstreicht meine Verortung im hier und jetzt – Mitglied einer urbanen, mobilen Großstadtgesellschaft.

In den meisten Fällen handelt es sich bei #urbansculptures um das Arrangieren von Alltagsgegenständen im öffentlichen Raum, die gern mal als Müll identifiziert werden. Ein fataler Fehler, denn so ergeht es den meisten urbanen Skulpturen – sie werden von der Straßenreinigung nicht als eine neue Form von Readymades erkannt, sondern als Müll wahrgenommen und entsorgt. 

Die KünstlerInnen wissen das und um so wichtiger ist es, diese temporären Kunstwerke zu dokumentieren, sie im Kontext des Zeitgeistes einzufangen und dieser flüchtigen Kunstform ein Archiv zu geben. Denn das ist es, was wir Menschen wollen: dokumentieren, sortieren, ablegen, um uns später an unserer Ordnung zu erfreuen. Ich bediene somit sowohl alte deutsche Tugenden, wie Ordnung und saubere Dokumentation – als auch die Sehnsucht nach moderner, urbaner Kunst auf diesem für die Welt so wichtigen Blog.

In den kommenden Monaten werde ich an dieser Stelle immer wieder urbane Skulpturen, wie die hier abgebildeten, dokumentieren, analysieren und interpretieren. 

Es fasziniert mich, wie in diesen Werken so viele Ebenen in Einklang gebracht werden:

Readymades: Alltagsgegenstände werden durch die dreidimensionale Collage in Beziehung zueinander gebracht. Scheinbar widersprüchliches wird für aufmerksame ZuschauerInnen klar zusammengeführt.

Aktionskunst: Die KünstlerInnen wissen um das Temporäre ihrer Arbeiten. Sie müssen die Konzepte quasi im Kopf vorbereitet haben, sie auf der Straße zügig umsetzen und haben im Anschluss keinen Einfluß darauf, wie die RezipientInnen die Werke aufnehmen, verändern oder entsorgen.

Interaktion, Dekonstruktion und soziale Teilhabe: Häufig sind Bestandteile der urbanen Skulpturen voll funktionsfähige Möbel, Haushaltsgeräte oder Unterhaltungselektronik. Das Publikum kann durch Mitnahme einzelner Geräte oder Möbel mit den künstlerischen Arbeiten interagieren, sie dekonstruieren und gleichzeitig durch Nutzung der entnommenen Objekte in einem nichtkünstlerischen Kontext, ein kosnumorientiertes Bedürfnis befriedigen – also sozial im wörtliche Sinne teilhaben.

Kunst für alle: Jenseits von Interaktion und sozialer Teilhabe ist die #urbansculpture, wie die meiste Streetart jenseits von Museen und Galerien, ein Kunstform, die sich kostenfrei rezipieren und konsumieren lässt. Das zeigt klar, die Motive der ErschafferInnen dieser Kunstwerke sind zumindest primär nicht monetär getrieben. Das ist ein Ansatz, den man in der heutigen Kunst eher selten findet.

Zum Schluss möchte ich noch letzte Zweifel an meiner Expertise für neueste Kunstformen ausräumen. Hierfür empfehle ich die Lektüre meines Kurzaufsatzes „Fischstäbchen-Pizza-Rezept? Digitale Kunst der neuesten Form!“ aus dem Jahre 2012. 

Ich freue mich auf den zukünftigen Diskurs über diese neue Form der Straßenkunst und auch über mögliche eigenen Interpretationen der Arbeiten in den Kommentaren.

Herzlichst, Ihr Jens Stoewhase

Experte für urbane Skultpuren

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